Daniel Benga:
Die Orthodoxe Liturgie als Erfahrungsraum des Heiligen Geistes, des Erbarmens und des Friedens.
LIT Verlag 2023.
346 Seiten, ISBN 978-3-6431-5184-1
In der Welt brennt es derzeit an zahlreichen Ecken und Enden, viele Menschen suchen nach einem Raum, in dem sie von den vielen belastenden Ereignissen abschalten und Kraft schöpfen können. Zu einem solchen Raum zählen Kirchenräume und Gottesdienste. Der Professor für Liturgik, Patrologie und Alte Kirchengeschichte an der Ausbildungseinrichtung für Orthodoxe Theologie an der Universität München, Daniel Benga, greift daher mit seiner Untersuchung ein Thema auf, das aus diesem Blickwinkel nicht nur an sich schon aktuell ist, sondern durch den Ukraine-Krieg noch einen zusätzlichen Akzent erhält. Gerade die „Göttliche Liturgie“, die in den von diesem Krieg betroffenen Ländern „der“ Gottesdienst ist, ist ja für Viele – gleich ob der orthodoxer Konfession zugehörig oder nicht – jener Erfahrungsraum, der zur Entlastung oder zum Kräfte sammeln, aber auch als Zusage oder Verheißung einer besseren Welt aufgesucht wird. Der Band ist erschienen in der Reihe „Lehr- und Studienbücher Orthodoxe Theologie“ und als solches konzipiert. Nach einer Einleitung, die sich ausführlich mit dem Anliegen und der Methodologie des Bandes widmet, wendet sich der Autor in drei Hauptkapiteln jeweils einer der drei Thematiken „Erfahrung des Hl. Geistes als liebevolle Zuwendung Gottes“, „Erfahrung des göttlichen Erbarmens, empfunden als tiefe Geborgenheit“ und die „Erfahrung des Friedens als österliche Gabe des Auferstandenen“ zu. Nach ihrer wissenschaftlich-breiten Erörterung auf Grundlage der aktuellen Liturgieformulare und ihrer geschichtlichen Entwicklung formuliert er Folgerungen für die gegenwärtige orthodoxe liturgische Praxis. Sie zielen auf ein stärkeres Wahrnehmen dieser Akzente und auf eine aktivere Teilnahme der Gottesdienstbesucher an der Liturgiefeier ab und sind – betrachtet aus dem Blickwinkel der in der Orthodoxie üblichen liturgischen Praxis – für diese neu, zumindest aber weitgehend ungebraucht und einfach zu bewerkstelligen. Das für neue Praxis-Akzente notwendige Hintergrundwissen enthalten die vorangehenden Untersuchungen. Doch auch für die Gottesdienstfeiern der anderen Konfessionen hat die Untersuchung Bedeutung, befasst sie sich doch mit einem grundsätzlichen Anliegen der Liturgie sowie der Frage, wie dieses in der Gottesdienstfeier zu spüren ist. Liturgen (und alle an Liturgie interessierte) der anderen Konfessionen erhalten hier Anregungen, ihre Tradition daraufhin genauer zu befragen und die eigene Praxis entsprechend zu gestalten. Die orthodoxe Liturgiefeier erweist sich hier wiederum als eine große Schatzkammer. Viele ihrer Reichtümer sind durch Gedankenlosigkeit oder Routine in Vergessenheit oder zumindest ins Hintertreffen geraten. Sie wieder hervorzuholen und als Angebot Gottes für die Menschen präsent zu machen ist ein Gebot der Stunde für die Theologie und Glaubensverkündigung aller Konfessionen. Für die orthodoxe Seite ist Bengas Untersuchung dazu ein wertvolles Beispiel – zahlreiche Nachahmer sind erwünscht! (Hanns Sauter)